Eine Frage des richtigen Timings (Teil 1/4)

 

Eine fundamentale Fähigkeit eines Musikers ist es ohne Temposchwankungen, solide „in Time“ zu spielen. Dies gilt besonders für Schlagzeuger, deren Hauptjob es ist, die anderen Musiker zusammenzuhalten. Dieses „Zusammenhalten“ ist ein rhythmisches Zusammenhalten und es gelingt, indem der Schlagzeuger den Puls klar an die anderen Musiker kommuniziert. Dieser Puls ist die Grundlage für das richtige Timing aller Instrumente.

Es wäre falsch die Verantwortung alleine beim Schlagzeuger zu suchen. Jeder Musiker muss Timing sicher sein! Und daher ist dieser Beitrag auch für „Nicht-Schlagzeuger“ relevant.

 Was ist „Timing“?

Timing meint, dass du die Geschwindigkeit eines Musikstücks ohne größere Schwankungen hältst. Die Geschwindigkeit eines Songs wird in bpm angegeben, sprich in Schlägen pro Minute. Diese stellst du unter anderem auf deinem Metronom ein. Die bpm Geschwindigkeit stellt den Grundpuls dar und wird in den meisten Liedern nicht verändert.

Dein Timing ist gut (gleichbedeutend mit dem Ausdruck „in Time“), wenn alle Noten aller beteiligten Musiker in einem festen Verhältnis zum Grundpuls des Musikstücks gespielt werden. Dieses festes Verhältnis wird durch die verschiedenen Notenwerte abgebildet.

Timing ist eng mit Rhythmus verbunden. Rhythmus entsteht durch die zeitliche Anordnung von Noten. Sprich es geht darum, wann wir eine Note im Verhältnis zum Grundpuls spielen. Somit ist ein wichtiges Element von Rhythmik das richtige Timing der Noten.

Die eine Seite dieser Perspektive ist, dass der Grundpuls bestimmt wann du eine Note spielst. Auf der anderen Seite ermöglicht es Musikern durch ihr Spielen die Illusion eines Geschwindigkeitswechsels zu erzeugen, obwohl der Grundpuls in Wirklichkeit gleich bleibt. Welchen Puls der Zuhörer hört oder fühlt ist daher abhängig davon was du spielst. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten den Zuhörer an der Nase herum zu führen und „Time“ interessant zu gestalten. Die Herausforderung für dich: Nicht selbst die Orientierung verlieren!

Kann man Timing lernen?

Die Antwort auf die Frage ist ein uneingeschränktes Ja! Hierfür ist es wichtig, direkt von Beginn an, richtig zu üben. Gutes Timing fängt in deinem Kopf an: Indem du es hörst und fühlst. Dieses Hören und Fühlen wird auch die innere Uhr genannt. Für mich ist es schlicht eine musikalische Fähigkeit deines Bewusstseins, die du lernen kannst.

Im Laufe dieser Serie werde ich dir vier verschiedene Methoden vorstellen, welche dir helfen können, dein Timing signifikant zu verbessern.

Teil 1: Die Zählmethode

Teil 2: Die Singmethode

Teil 3: Das Metronom

Teil 4: Körper und Bewegung

Egal welches Instrument du spielst, oder wie fortgeschritten du bist! Timing ist Etwas, an dem du dein gesamtes Musikerleben arbeiten wirst. Das liegt vor allem daran, dass wir uns von der Vorstellung verabschieden müssen, dass das Spielen zum Metronom ein gutes Timing garantiert.

#1 Auch wenn man auf Metronom spielt, muss man den Puls immer noch selbst interpretieren! „Microtiming“ und die verschiedenen „Time Feel“ können hier als Schlüsselbegriffe genannt werden.

#2 Das Metronom stellt nicht sicher, dass du groovst und richtig spielst. Ein gutes Timing hängt davon ab, wie du deinen Körper bewegst, wie du die Musik hörst und was in deinem Kopf passiert! Ein gutes Timing hängt von vielen Faktoren ab und es braucht lange um alle Aspekte zu meistern.

Soundcheck mit Der Neuen Planet in Köln 2017


 

Der Klassiker: Das Zählen

Die Grundlagen: Takt und Notenwerte

Jeder (westliche) Musikunterricht beginnt mit dem Zählen von Musik. Die Grundidee ist einfach: Wir zählen die Notenwerte, in welchen wir spielen. Mithilfe dieser gezählten Notenwerte und der damit verbundenen Notenschrift können wir jede Musik abbilden und verstehen. Dabei sind es vor allem zwei Aspekte, welche es ermöglichen uns in einem Musikstück zu orientieren.

Der erste Aspekt ist, dass wir in Lage sind Musik in Takten zu organisieren. Die verschiedenen Taktarten gehen einher mit einem zugrundeliegenden Puls, welcher sich in den meisten Liedern nicht verändert. Mit Hilfe einer Taktart können wir Rhythmen und musikalische Strukturen so aufschreiben, dass wir ihre Form, sprich ihren sich wiederholenden oder abwechselnden Charakter erkennen können.

Die Grundlage für die meisten Takte bilden Viertel und Achtel Pulse und sie werden durch die untere Zahl eines Taktes dargestellt. Die obere Zahl repräsentiert, wie viele Pulsschläge bis zur Wiederholung gespielt werden.

Beispiel:

So besteht ein 4/4 Takt aus 4 Schlägen, welche jeweils eine Länge von einem Viertel haben. Aufbauend hierauf können wir die musikalische Struktur eines Stückes beschreiben: z.B Teil A besteht aus 4 x 4 Takten, Teil B besteht aus 2 x 4 Takten. Das Lied hat die Form A B A B B. Wie wir sehen helfen uns Taktarten den Aufbau von Musik besser und schnell zu verstehen.

Der zweite Aspekt umfasst die eigentlichen Notenwerte. Sie unterteilen einen Puls in jeweils gleich schnell gespielte Noten. Üblicherweise werden sieben Notenwerte unterschieden, welches es schrittweise zu meistern und zu kombinieren gilt.

Die sieben Notenwerte

Die sieben Notenwerte stehen gleichzeitig auch für unterschiedlich schnell gespielte Noten. Hier siehst du wie sie aufgeschrieben werde.

Die erste Notenreihe bilden die binären Notenwerte. Binäre, weil sie auf 2er Gruppen basieren. Sie bestehen daher aus Achtel (2), 16tel (4) und 32tel (8) Noten. Sie bilden zum Beispiel das Fundament der meisten Pop-, Funk- und Rockstücke

Binäre Notenpyramide – Eine Übung

Dem gegenüber steht die zweite Notenreihe der ternären Noten. Sie bauen auf 3er Gruppen auf: Triolen (eng. Triplets). Hier abgebildet sind Achtel- und 16tel-Triolen. Musikalische Beispiele finden wir unter anderem in der Blues oder Jazz Musik.

Ternäre Notenpyramide _ Eine Übung

Die dritte Notenreihe bilden sogenannte krumme Notenwerte (eng. “Odd Note Values”). Gerade in den letzten Jahren werden sie zunehmend populärer, was nicht zuletzt auf den Einfluss außereuropäischer Musikkulturen zurückzuführen ist. Davon zeugt auch ihre Zählweise, welche dem Kanakol (der indischen Trommelsprache) entliehen wurde.

Die Anwendung der Zählmethode

Ich verwende drei verschiedene Varianten der Zählmethode. Die Zählmethode ist nützlich um den Überblick über ein Musikstück zu behalten und das Verhältnis von Notenwert und Puls zu verinnerlichen. Ein Nachteil ist, dass sie in einem rein “mathematischen” Verhältnis zu dem steht, was wir spielen. Es geht nur um die Frage „Wann“ wir eine Note spielen, aber nicht „Wie“!

 

#1 Vollständiges Zählen: Ich zähle den schnellsten Notenwert, auf dem das Musikstück aufbaut. In dem folgenden Übung sind es Achtel Noten.

#2 Selektives Zählen der gespielten Noten: Ich zähle die vollen Zählzeiten und alle Notenwerte die ich spiele. Die folgende Übung zeigt, wie ich meine Zählweise verändere, wenn ich von Achtel auf 16tel Noten wechsle.

#3 Selektives Zählen des Pulses: Ich zähle nur die vollen Zählzeiten eines Taktes. Für mich ist diese Art des Zählens das Ziel der Zählmethode. Während die #1 und #2 Methode hilft die unterschiedlichen Notenwerte zu verinnerlichen, behalte ich mit dieser #3 Methode den Puls im Zentrum meiner Aufmerksamkeit und bin frei alle Notenwerte zu kombinieren.

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Zusammenfassung

Der Fokus der Zählmethode liegt auf dem „Wann“ deines Spielens. Das „mathematische“ Raster hilft dir den richtigen Zeitpunkt der gespielten Noten vor deinem inneren Auge zu visualisieren. Indem du konsequent zählst, wirst du die verschiedenen Notenwerte mit der Zeit verinnerlichen.

#1 Das vollständige Zählen der Notenwerte legt den Fokus auf ein grundsätzliches Verständnis von Timing.

#2 Das selektive Zählen der gespielten Noten legt den Schwerpunkt auf den Wechsel zwischen den Notenwerten.

#3 Das selektive Zählen des Pulses legt den Fokus auf die Entwicklung deiner Fähigkeit zu grooven. Indem du weniger mitzählst, kannst du dich auf deinen Sound und deinen musikalischen Ausdruck konzentrieren.

Wie bereits erwähnt ist Timing eng mit dem Training deines Bewusstseins verbunden. Durch die Anwendung der Zählmethode verinnerlichst du eine Art Raster in deinem Kopf und mit der Zeit wirst du deine Noten unbewusst auf dieses Raster platzieren.

Die Grenzen dieser Methode verläuft an dem Punkt, an welchem wir uns mit der Frage beschäftigen „Wie“ wir eine Note spielen wollen. Dieses „Wie“ umfasst sowohl die Orchestrierung an deinem Instrument als auch die Dynamik deines Spielens. Dieser Aspekt wird im nächsten Kapitel mit der Singmethode aufgegriffen.

Claudius

 

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